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Die neue Schuhnorm EN ISO 20345:2022 – ein Einblick in die wichtigsten Neuerungen
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Unabhängig von der Branche sind Sicherheitsschuhe in nahezu allen Bereichen, wie Logistik und Lagerhaltung, unerlässlich, um die Mitarbeiter bei der Arbeit zu schützen.
Bisher galten für Sicherheitsschuhe die Anforderungen der Norm EN ISO 20345:2011. Diese Norm von 2012 wurde nun durch eine neue Version, die EN ISO 20345:2022, ersetzt bzw. aktualisiert.
Die Version EN ISO 20345:2022 legt die Grundanforderungen sowie zusätzliche, optionale Anforderungen an Sicherheitsschuhe fest. Dazu gehören Schutz vor mechanischen Risiken, Rutschhemmung, Schutz vor Hitze und Kälte sowie ergonomische Merkmale.
In diesem Beitrag erklären wir die Änderungen in der neuen Norm und die Unterschiede zur alten.
Welche Klassen gibt es?
- Klasse I (Kategorien: SB, S1, S1P, S1PL, S1PS, S2, S3, S3L, S3S, S6, S7, S7L, S7S): Schuhe aus Leder oder anderen Materialien, außer Vollgummi- oder Gesamtpolymerschuhen
- Klasse II (Kategorien: SB, S4, S5, S5L, S5S): Gesamtpolymerschuhe einschließlich Vollgummischuhe
Im Vergleich zu der alten Norm EN ISO 20345:2011 kamen die Kategorien S1P (aktualisiert), S1PL, S1PS, S3L, S3S, S6, S7, S7L, S7S, S5L sowie S5S dazu.
Was sind die neuen Kategorien?
Zwei neue Kategorien für Sicherheitsschuhe wurden eingeführt:
- S6: Diese Schuhe sind wie Sicherheitsschuhe der Kategorie S2, aber zusätzlich durch eine spezielle Wetterschutz-Membran dauerhaft wasserdicht
- S7: Diese Schuhe entsprechen Sicherheitsschuhen der Kategorie S3, sind aber durch eine spezielle Wetterschutz-Membran dauerhaft wasserdicht. Außerdem gibt es die neuen Varianten S7L und S7S, bei denen die Wasserdichtheit (WR) bereits integriert ist.
Die Änderungen bei der Wasserdichtheit (WR)
In der Vergangenheit besaßen Sicherheitsschuhe der Kategorie S2 oder S3 ein wasserabweisendes Obermaterial, das als Water Repellent Upper (WRU) gekennzeichnet war.
Allerdings wurde bei dieser Kennzeichnung nur das Material selbst getestet. Wäre dieses Obermaterial in die Sicherheitsschuhe eingearbeitet, konnte Wasser durch die Nähte eindringen, wodurch die Arbeitsschuhe nicht mehr vollständig wasserabweisend waren.
Die neue Norm ersetzt die WRU-Kennzeichnung zugunsten der Kennzeichnungen Water Penetration and Absorption – Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme (WPA) und Water Resistence (WR).
Demzufolge geben die neuen Kennzeichnungen präzisere Informationen über die Wasserbeständigkeit, indem sie sowohl das Material als auch die gesamte Schuhkonstruktion berücksichtigen. Hierbei wird nicht nur das Obermaterial, sondern auch der gesamte Schuh getestet, um sicherzustellen, dass kein Wasser in die Sicherheitsschuhe eindringen kann.
Neuerungen bei der Rutschhemmung (SR)
Im Hinblick auf die Rutschhemmung folgten weitere Änderungen in der Norm EN ISO 20345:2022. Zuvor wurde die Rutschhemmung der Sicherheitsschuhe mit den Kennzeichnungen SRA, SRB und SRC dargestellt. Diese Kennzeichnungen gibt es in der neuen Norm nicht mehr.
Stattdessen werden die Schuhe jetzt auf eine andere Weise getestet. Jeder Schuh muss eine Basis-Rutschhemmung auf Keramikfliesen mit einer speziellen Reinigungsmittellösung (Natriumlaurylsulfatlösung) erfüllen. Jedoch wird diese Basis-Rutschhemmung nicht mehr extra gekennzeichnet, wie es früher bei der SRA-Kennzeichnung der Fall war.
Zusätzlich können Schuhsohlen freiwillig einem weiteren Test auf Keramikfliesen mit Glycerin unterzogen werden. Sollten die Schuhe diesen Test bestehen, erhalten sie die Kennzeichnung SR, was die höchste Rutschhemmung anzeigt.
Schuhe, die nach der alten Norm EN ISO 20345:2011 zertifiziert wurden, behalten weiterhin ihre alten Kennzeichnungen (SRA, SRB oder SRC) bis zum Ablauf ihrer Zertifikate.
Zusätzlich müssen Schuhe mit speziellen Merkmalen, wie zum Beispiel Stollen, die schwer nach der Norm geprüft werden können, mit einem speziellen Symbol (Ø) gekennzeichnet werden.
Neue Anforderungen an den Durchtrittschutz
Die neue Norm EN ISO 20345:2022 bietet eine präzisere Differenzierung bei der Durchtrittssicherheit, nun als "Widerstand gegen Durchstich" bezeichnet, um zu verdeutlichen, dass Sicherheitsschuhe keinen absoluten Schutz gegen Durchtritt bieten.
Vormals wurde ein Sicherheitsschuh mit einem Durchtrittschutz, auch Nageldurchtrittschutz, lediglich mit einem “P” gekennzeichnet, ohne das Material des Schutzes anzugeben. Die Norm EN ISO 20345:2022 definiert genau, aus welchem Material die durchtrittsichere Sohle besteht und welchen Durchmesser der Testnagel hat.
Die Messung des Durchtrittschutzes erfolgt mit einem Testnagel mit einer konischen Spitze. Die konische Spitze hat die Form eines Kegels. Diese Form wird verwendet, um eine gleichmäßige und gezielte Belastung zu ermöglichen.
Die neuen Kennzeichnungen sind:
-
P – Metallische durchtrittsichere Sohle aus Stahl (S1P, S3, S5, S7)
- Durchmesser Testnagel: 4,5 mm mit konischer Spitze
- Die Kraft zum Durchstechen der Sohle darf nicht geringer als 1100 N sein
-
PL – Nichtmetallische Durchtrittsichere Sohle aus Textil nach Grundanforderungen (+L) (S1PL, S3L, S5L, S7L)
- Durchmesser Testnagel: 4,5 mm mit konischer Spitze
- Die Kraft zum Durchstechen der Sohle darf nicht geringer als 1100 N sein
- Zudem darf an keiner der Prüfstellen eine Trennung der Schichten der Sohle erfolgen
-
PS - Nichtmetallische Durchtrittsichere Sohle aus Textil nach höheren Anforderungen (+S) (S1PS, S3S, S5S, S7S)
- Durchmesser Testnagel: 3 mm mit konischer Spitze
- Die Kraft zum Durchstechen der Sohle darf im resultierenden Durchschnitt, ermittelt anhand von vier Einzelprüfungen, nicht geringer als 1100 N sein
- Es darf keine Trennung der Schichten an den Prüfstellen auftreten
Für Zehenschutzkappen aus nichtmetallischem Material werden Prüfergebnisse gemäß der Norm EN ISO 22568-2:2019 benötigt, während für metallische Zehenschutzkappen die Norm EN ISO 22568-1:2019 gilt.
Die Grundanforderungen und notwendigen Zusatzanforderungen im Überblick:
Kategorie | Klassifizierung | Zehenschutzkappe | Geschlossener Fersenbereich | Antistatik (A) | Profilsohle Klasse I: Profilhöhe ≥ 2,5 mm | Profilsohle Klasse II: Profilhöhe ≥ 4 mm | Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich (E) | P: Metallische Einlage | PL: Nicht metallische Einlage | PS: Nicht metallische Einlage | Wasserdicht (WR) | Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme (WPA) - mind. 60 Min. |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
SB | I oder II | ✔ | offener Fersenbereich möglich | (✔) | (✔) | (✔) | ||||||
S1 | I | ✔ | ✔ | ✔ | (✔) | ✔ | ||||||
S1P | I | ✔ | ✔ | ✔ | (✔) | ✔ | ✔ | |||||
S1PL | I | ✔ | ✔ | ✔ | (✔) | ✔ | ✔ | |||||
S1PS | I | ✔ | ✔ | ✔ | (✔) | ✔ | ✔ | |||||
S2 | I | ✔ | ✔ | ✔ | (✔) | ✔ | ✔ (Dann ist es S6) | ✔ | ||||
S6 | I | ✔ | ✔ | ✔ | (✔) | ✔ | ✔ | ✔ | ||||
S3 | I | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ (Dann ist es S7) | ✔ | |||
S3L | I | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ||||
S3S | I | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ||||
S7 | I | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | |||
S7L | I | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | |||
S7S | I | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | |||
S4 | II | ✔ | ✔ | ✔ | (✔) | ✔ | ✔ | ✔ | ||||
S5 | II | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | |||
S5L | II | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | |||
S5S | II | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ | ✔ |
✔ muss erfüllt werden (✔) kann erfüllt werden
Neue und geänderte Zusatzanforderungen und Codes:
Weiterhin wurden neue Zusatzanforderungen für Sicherheitsschuhe eingeführt, die sich auf die Rutschhemmung, den Abrieb von Überkappen und den Halt auf Leitern konzentrieren.
- Überkappenabrieb (SC): Hier wird ein Martindale-Abriebtest mit 8.000 Zyklen durchgeführt. Nach diesem Test darf die Überkappe keine Löcher aufweisen, die durch ihre gesamte Dicke gehen.
- Halt auf Leitern (LG): Die Laufsohle im Gelenkbereich des Sicherheitsschuhe muss ein quer verlaufendes Profil mit einer Höhe von mindestens 1,5 mm haben. Dies gewährleistet einen besseren Halt auf Leitern.
- Kraftstoffbeständigkeit (FO): Die Prüfung der Kraftstoffbeständigkeit ist in der neuen Norm optional und nicht mehr zwingend vorgeschrieben.
Alle neuen, unveränderten und geänderten Zusatzanforderungen auf einen Blick:
Codes | Begriff | Beschreibung | Vermerk |
---|---|---|---|
A | Antistatic | Antistatik | |
AN | Ankle Protection | Knöchelschutz | |
CI | Cold Insultaion | Kälteisolierung | |
HI | Heat Insulation | Wärmeisolierung | |
CR | Cut Resistance | Schnittschutz | |
E | Energy Absorption | Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich | |
FO | Resistance to Fuel and Oil | Kraftstoffbeständigkeit | |
LG | Ladder Grip | Halt auf Leitern | |
M | Metatarsal Protection | Mittelfußschutz | |
WR | Water Resistance | Wasserdichtheit | |
WPA | Water Penetration & Absorption | Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme | |
C | Conductivity | Leitfähigkeit | |
P | Perforation Resistance, Steel Midsole | Widerstand gegen Durchstich | |
PL | Perforation Resistance, Non-metallic Midsole, Large nail | Widerstand gegen Durchstich | |
PS | Perforation Resistance, Non-metallic Midsole, Small nail | Widerstand gegen Durchstich | |
SC | Suff Cap | Abrieb der Schutzkappe | |
HRO | Heat Resistance Outsole | Verhalten gegen Kontaktwärme | |
SR | Slip Resistance | Rutschhemmung Keramikfliesen / Glycerin |
Fazit
Letztendlich spielen Sicherheitsschuhe eine entscheidende Rolle im Arbeitsschutz, und die Aktualisierung der Norm EN ISO 20345:2022 bringt wichtige Veränderungen mit sich. Diese Version führt klarere Standards ein, insbesondere in Bezug auf Wasserdichtheit, Rutschhemmung und Durchtrittssicherheit. Neue Kategorien und Kennzeichnungen bieten eine präzisere Sicherheitsbewertung für verschiedene Arbeitsumgebungen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die neuen Normen einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Sicherheit am Arbeitsplatz darstellen und die Qualität von Sicherheitsschuhen weiter verbessern.